Museumssnack
Wilhelm Eggers hatte ein abwechslungsreiches Leben. Er lernte den Beruf des Schlossers, arbeitet als Monteur in Norwegen und Frankreich und betrieb ein Installationsgeschäft. In den letzten Jahren seines Leben gehörten vor allem Galoppwechsler und Lochzange zu seinem Arbeitsgerät. Denn zwischen 1929 und 1945 arbeitete Eggers in perfekt sitzender Uniform für die Celler Straßenbahn GmbH, verkaufte für sie Fahrkarten und fuhr auch die Wagen. An kalten Tagen erhielt er dafür heißen Kaffee, und blieb er unfallfrei, gab es am Ende des Quartals eine Prämie.
Eine Straßenbahn in Celle? Heute wohl undenkbar, fuhr dieses öffentliche Verkehrsmittel fast 50 Jahre durch die Celler Straßen. Nach 1900 entwickelte sich auch in Celle ein zunehmender Massenverkehr. Wie heute stritt man auch damals deswegen um ein passendes (Nah-)Verkehrskonzept. Und wie heute diskutierte man auch damals darüber, ob dieser Nahverkehr traditionell (damals bedeutet dies von Pferden gezogen) oder zukunftsweisend elektrisch betrieben werden sollte.
Im Jahr 1905 schlossen sich schließlich 79 Celler Bürger unter der Führung des Senators und Keksfabrikanten Harry Trüller zusammen und gründeten die Celler Straßenbahn GmbH. Mit diesem privaten Investoren konnte das Geld für eine erste Straßenbahnlinie vom Fuhserandweg über den Bahnhofsplatz und Großen Plan bis zur Straße Im Kreise gebaut werden. Aufgrund der schmalen Straßen in der Innenstadt fuhren die drei Straßenbahnwagen ab 1907 die 3,8 km lange Strecke auf einer schmalen Meterspur.
Die Beliebtheit der Straßenbahn war groß, und so wuchs die tägliche Fahrgastzahl von 1500 Gästen (1907), auf 3000 (1917) und schließlich 15.000 (1947). Immer mehr Haltestellen kamen hinzu und immer mehr Wagen wurden benötigt, um den 10-Minuten-Takt zu gewähren.
Wilhelm Eggers starb 1945 und musste so den schleichenden Niedergang der Celler Straßenbahn nicht mehr miterleben. Bereits 1935 ergänzte ein Netzwerk aus Buslinien die Straßenbahn. Celle wuchs immer weiter, und so mussten weiter entfernte Vororte und Außenbereiche des Landkreises mit Bussen an das Straßenbahnnetz angeschlossen werden. Während die Buslinien immer weiter ausgebaut wurden, ging das Interesse an der Straßenbahn, die zudem den wachsenden Autoverkehr in der Stadt behinderte, zurück. Allgemein setzte sich zu jener Zeit in Deutschland immer mehr die Überzeugung durch, Städte müssten für den individuellen PKW-Verkehr umgestaltet werden. Ab 1954 wurden die Straßenbahnlinie Stück für Stück stillgelegt. Als letzte Strecke wurde 1956 die Linie vom Markt zum Bahnhof eingestellt. Die Straßenbahnwagen wurden verschrottet. 2002 ging die Celler Straßenbahn GmbH in der CeBus GmbH und Co. KG auf. Heute erinnert nur noch ein kleines Stück Schiene im Bomann-Museum an dieses Stück Verkehrsgeschichte.
Und heute? Braucht Celle wieder eine Straßenbahn? Wie sieht wohl der Nahverkehr der Zukunft aus?