22. Juli 2006 bis 21. Januar 2007
Jagd in der Lüneburger Heide
Die Ausstellung spannte einen zeitlichen Bogen von rund 350 Jahren: Von der fürstlichen Jagd der letzten Celler Herzöge Christian Ludwig und Georg Wilhelm in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts über die großen Hofjagden zur Zeit der hannoverschen Kurfürsten und englischen Könige Georg I. und Georg II. bis hin zum vollständigen Wandel des Jagdsystems und der Jagdmethoden um die Mitte des 19. Jahrhunderts und einem Ausblick bis in die Gegenwart. Eine Vielzahl von aussagekräftigen, speziell für diese Ausstellung zusammengestellten Exponaten ermöglichte tiefe und vielfältige Einblicke in die einzelnen Entwicklungsphasen der Jagd.
Sowohl die letzten Celler Herzöge Christian Ludwig (reg. Celle 1648-1665) und Georg Wilhelm (reg. Celle 1665-1705) als auch ihre Nachfolger, die hannoverschen Kurfürsten Georg Ludwig, ab 1714 als Georg I. König von Großbritannien (reg. 1698/ 1714-1727) und sein Sohn Georg II. (reg. 1727-1760) waren begeisterte Jäger. Die Brüder Christian Ludwig und Georg Wilhelm bauten im Fürstentum Lüneburg eine umfangreiche jagdliche Infrastruktur auf, die große Summen Geld verschlang. Ihr Neffe Georg Ludwig übernahm 1705 alle jagdlichen Einrichtungen im Fürstentum Lüneburg und ließ darüber hinaus von 1706-1709 das Jagdschloss Göhrde völlig neu erbauen. In der Göhrde fanden fortan glanzvolle Hofjagden statt, auch nach der Übersiedlung des Hofes 1714 nach London. Anlässlich der zahlreichen Besuche der Könige Georg I. und Georg II. in ihrem Stammland standen über Jahrzehnte hinweg bis 1752 regelmäßig groß angelegte Jagdausflüge auf dem Programm. Kurze Zeit später kam es zu größeren Einsparungen im hannoverschen Jagdetat, die tief greifende Auswirkungen hatten: Zunächst wurde 1757/59 die Celler Parforcejagd aufgegeben, 1772/73 folgte die Auflösung des deutschen Jägerhofes in Celle sowie die Aufgabe des Celler Kaninchengartens. Auch die Jagd-schlösser im Lande wurden in der Folgezeit größtenteils abgebrochen.
Im 19. Jahrhundert fand ein grundlegender Wandel der Jagd statt: Die Einzeljagd mit Ansitz und Pirsch gewann ebenso an Bedeutung wie die Jagd auf Niederwild mit dem Vorstehhund. Bei diesen Formen der Jagdausübung hatte das Wild, anders als bei den eingestellten Jagden, eine Chance zu entkommen. Außerdem rückten die „Hege mit der Büchse“ und die Beobachtung der Natur zunehmend in den Vordergrund. Doch erst die Revolution von 1848 hob das Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden sowie die Jagddienste auf. Jeder Grundbesitzer hatte nun das Recht, auf seinem Land zu jagen. Zügellose Jagden und eine Ausrottung des Wildes waren die Folgen, die man erst durch die Jagdgesetzgebung von 1850 einzudämmen versuchte. Die Ausübung der Jagd war nun an den Besitz einer zusammen-hängenden Revierfläche von 76,6 ha Land gebunden, Schonzeiten für das Wild wurden ein-geführt und ein Jagdschein musste erworben werden.
Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts diente die Jagd überwiegend der Fleischbeschaffung. Erst in der Folgezeit wurden die Erbeutung von Trophäen und ihre Präsentation auf Geweih- und Trophäenschauen, bevor sie schließlich einen Ehrenplatz im heimischen Wohn- oder Jagdzimmer erhielten, zunehmend wichtiger. Nicht zuletzt Hermann Löns, der die Heide als Jäger, Naturliebhaber und Naturschützer entdeckte und durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen populär machte, trug dazu bei, dass die Lüneburger Heide als Jagdgebiet von den „Städtern“ angenommen und zahlreiche Jagdreviere gepachtet wurden. In der Heide wirkte zu dieser Zeit der Wildmeister Friedrich Bühmann (1836-1909). Mit seiner umfangreichen Geweihsammlung sowie weiteren Dokumenten und zahlreichen Leihgaben aus Privatbesitz zeigte die Ausstellung exemplarisch den Wandel der Jagdmethoden und die Entstehung einer bis heute gültigen Jagdethik um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Ein Ausblick ins 21. Jahrhundert, der auch die kritischen Stimmen zur Jagd einbindet, rundete die Ausstellung ab.